Wegwärts
Wendel Schäfer
Mit Graphiken von
Cornelia Kurtz
bs-verlag Rostock
2006
ISBN 3-89954-229-0
84 S. EUR 08.-

 
Wendel Schäfer-Wegwärts
 
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Meinungen


"Wendel Schäfer hat sich mit seiner Figur (Meister) in eine Tradition gestellt, die aus immer neu zu gewinnender Einsicht lebt, dass Weisheit mehr ist als Wissen. ...Die Sprache der Miniaturen ist prägnant, gehoben, manchmal leicht archaisierend... Neben dem harten gedanklichen Zu- und Widerspruchstehen die hingehauchten Tuschezeichnungen von Cornelia Kurtz, die alten wie neuen Weisheiten wieder die Dimension des Schweben - Schwerelosen geben."
(Klaus Dieter Schönewerk, Neues Deutschland)

"...Wie erhellend und zugleich unterhaltsam Lektüre etwas tiefer schürfen kann, zeigt wieder einmal Wendel Schäfer... Vier Meister - Stücke im gleich mehrfachen Wortsinn... Befreiendes Lachen, zustimmende Nachdenklichkeit, vielleicht auch mal grübelnde Ratlosigkeit - alles ist möglich. Nur keine Langeweile. ...Man genießt die klare Sprache, ist überrascht über manche außergewöhnliche Redewendung, bleibt an etlichen Sätzen sinnend hängen, blättert zurück, lässt sich von den ausdrucksstarken, aber nicht aufdringlichen Illustrationen von Cornelia Kurtz festhalten..."
(Peter Lindemann, Kleeblatt)

"...der Meister gibt verblüffende Antworten, agiert meist gegen den Strich und ist selber Beispiel gebend. Das alles ohne Moralin, Zeigefinger und Beckmesserei. ...Die 44 Texte gehören gewiss zu Schäfers `Meisterstücken´. Sein schnörkelloser, geschliffener Stil hilft dem Leser beim Nachdenken..."
(Wolfgang Wendling, Rhein-Zeitung)

 

Leseproben

 

Aus den Unterschiedlichkeiten
Nicht ohne Mühen erreichte die Gruppe die Höhen über der riesigen Stadt. Da lag die Metropole unter ihren Füßen. Ganz weit draußen ein Streifen Meer im frühen Dunst. Davor die Wohn-und Geschäftshäuser wie Bauklötze geschichtet. Umfingert von einem Netz aus Straßen, Baumreihen und Plätzen. Noch weiter davor, bereits an den Hängen, aber nicht ganz zu ihnen herauf die Vorstadt. Slums aus Brettern, Plastik, Blech. Abgase, Brand und Müll quollen die Hügel hoch. Ganz oben die Villen der Reichen. Weißglänzend im frühen Sonnenlicht. Aus üppigem, subtropischem Grün stachen feine Rasen, und die Pools strahlten daraus wie Smaragde.
"Meister, wie kommt es, dass die Wohlhabenden so nah bei den Armen wohnen? Sie könnten wohl überall auf der Erde ihr Domizil aufschlagen. Frei vom Lärm. Schmutz und Gestank der Elendsviertel."
"Duftet dir eine Rose ohne den faulenden Pilz? Schmeckst du sauer, ohne die Süße zu kennen? Merkst du den Tag ohne die Nacht? Empfindest du Sommer ohne Winter? Macht nicht Heißhunger aus der einfachsten Speise eine Köstlichkeit? Und gerät dir nicht Musik, weil dein Ohr aus Geräuschen zu unterscheiden gelernt hat?"
Der Meister fuhr fort:"So ist das mit allen Dingen und allem, was uns umgibt. Auch mit den begüterten Menschen. Denn unter Seinesgleichen wähnt sich der Reiche ebenso arm, wie der Bettler vor seiner pompösen Haustür."

 




Das Lied der Amsel
An einem frühkühlen Maimorgen, noch vor der Sonne, schritten sie durch einen Park. Auf der Spitze einer Fichte hockte eine schwarze Amsel. Ihr Lied war so laut und melodisch, dass die beiden stehen blieben.
"Was ist die Amsel einfältig", meinte der Schüler. "Warum singt sie uns ihr Lied? Wir füttern sie nicht im Winter, der Gärtner scheucht sie aus dem Frühbeet, der Bauer aus den Kirschen und im Herbst dann aus den Birnen fort."
"Das hörst du falsch", bedeutete der Meister, "der Vogel singt sein Lied nur für sich und sein besorgtes Weib."
Der Schüler schlug den Mantelkragen hoch bis über die Ohren und beeilte sich, den Park zu verlassen.

 




Diebe fangen

"Ach Meister, es ist eine große Plage."
"Ist es dir zu heiß, drücken deine Schuhe oder knurrt dir der Magen?"
"Nein, nichts von allem", seufzt der Schüler. "Sie nehmen uns alles weg und bereichern sich hemmungslos. Kaum, dass einer ein Amt inne hat, bedient er sich, rafft und schmiert. Und du kommst ihnen nicht bei. Kennst du ihre Machenschaften und willst sie fassen, entziehen sie sich durch allerlei Kniffe."
Der Meister erzählt darauf folgende Geschichte:
"In einer indischen Gemeinde wussten sich die Bewohner nicht mehr zu helfen. Affen überfielen ihre Häuser und stahlen alles Essbare weg. Wollte man sie fangen,huschten sie durch die Bäume davon. Eine kluge Frau hatte eine Idee. Sie tat die köstlichsten Leckerbissen den räuberischen Affen in schwere Steinkrüge mit engen Öffnungen, gerade, dass sie mit ausgestreckter Hand die Mandeln greifen konnten."
"So dumm möchte man sein, die Räuber auch noch verwöhnen."
"Nun, immer wenn ein Affe in den Krug langte und eine Mandel erhaschte, kamen die Leute aus dem Versteck und konnten den Dieb ergreifen, bis das Dorf von der Plage befreit war."
"Wie das, die Affen sind allemal behänder als die Menschen?"
"Schon", erwidert der Meister. "Doch einmal die Mandel umklammert, lässt der Affe sie nicht mehr los, bekommt die geschlossene Hand nicht durch die Öffnung und lässt sich lieber einfangen als von der Beute zu lassen."



 

 

 

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